Wie schon berichtet sorgte René Birkenfeld für einige Furore bei der Superweek. Nachfolgend seine Zusammenfassung der Rennserie:
42te Superweek in Northern Illinois / Chicago und Wisconsin / Milwaukee Rennserie
Das waren sie nun, die Superweek, das älteste und längste Pro Rennen der USA, und mein erster Aufenthalt in den Staaten. Ich gehe hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge morgen an Bord des Fluges zurück nach Deutschland. Die Gastfreundschaft unserer Familien, wo wir untergebracht waren, ist unbeschreiblich gewesen: Wer in Deutschland gibt 5 völlig fremden Jungs seinen Haustürschlüssel, damit sie hineinkommen, da man selbst nicht da ist und schaut erst nach 5 Tagen Aufenthalt nach dem Rechten? Wir hatten hier allen Luxus der Welt und konnten es uns, nach und vor den Rennen, richtig gut gehen lassen. Das war auch wichtig, da die 17 Rennen in 17 Tagen sonst an der Psyche und nicht nur an der Physis gekratzt hätten. Langeweile kam nie auf und die Tage verflogen wie im Nichts.
Die Superweek begann im Süden von Chicago und endete im Norden von Milwaukee. Die Rennen verliefen vom Verlauf her relativ ungewöhnlich. Aber nach drei oder vier Wettbewerben haben wir uns drauf eingestellt und konnten meinen ersten Erfolg feiern. Der Sieg beim Straßenrennen in „Willow Springs“ kam für mich nicht überraschend, da die Strecke selektiv war und ich in der Ausreißer-Gruppe die sechs anderen Jungs im Griff hatte. Überraschend für mich war jedoch, dass ich letztendlich auf das Trikot des Sprinters hier fahren musste und konnte.
Bei sämtlichen Sprintwertungen in den ersten Tagen versuchte ich stets mich zu verstecken, um nicht aufzufallen und anderseits meine Körner für die letzten Tage aufzuheben, aber dennoch ein paar Punkte zu erhaschen. Als ich später in den Top fünf der Gesamtwertung, als auch der Sprintwertung lag, versuchte ich beides unter einen Hut zu bekommen. Einerseits gelang es mir Punkte für das Sprinttrikot zu sammeln und anderseits belegte ich mit den beiden dritten Plätzen zwei weitere Podiumsplatzierungen. In Evanston gelang es mir mit Hilfe von Andreas Müller zusammen dem Feld in den letzten 10 Runden zu entkommen und ich fuhr bei fast 5000 Zuschauern die letzten 5km mit Gänsehaut allein vor dem Feld ins Ziel.
Die letzten Tage waren aufgrund meiner guten Positionen in beiden Wertungen alles andere als einfach. Die anderen Teams ließen mich auf keinen Fall in einer Ausreißergruppe ankommen und probierten alles, welche ohne mich und/oder ohne die anderen Favoriten zu stellen. Dass dies nicht passierte, lag vor allem an der Fahrweise und der Gemeinschaft von uns Deutschen. Andreas Müller, Bastian Faltin und Harry Kraft hielten in den nötigen Momenten das Feld zusammen, oder bremsten es, um mich und Frey bestmöglich entkommen zu lassen. Sebastian Frey konnte sich mit seiner Erfahrung und seiner Sprintstärke innerhalb einiger Tage oftmals davonschleichen und belegte neben mir die meisten Platzierungen. In den letzten Tagen schielten wir nicht nur auf das Trikot des besten Sprinters, wir hielten und verteidigten es.
Da der Gesamtführende Aurellion Passeron (ehemals Saunier Duval) gesundheitlich schwächelte und deswegen 3 Rennen aussetzte, übernahm ich von ihm am vorletzten Tag das Gelbe Trikot. Von nun an hatte ich jedoch ein Problem: Die 4 Sprintwertungen pro Rennen, welche jeweils bei Runde 50, 40, 30 und 20 ausgetragen wurden, stellten schlechthin die Gefahr dar, das Gelbe Trikot zu verlieren. Denn nach einer ausgefahrenen Wertung braucht man immer ein bisschen Zeit zur Erholung und genau in dieser Rennphase attackierten die anderen Jungs, der Gesamtwertung, um mich abzustellen. Jonathan Cantwell (Fly V Australia) erledigte dies in Perfektion und nahm mir das Gelbe Trikot gnadenlos nach einem Tag wieder ab. Er gewann die letzten Rennen, vor allem dank seines bärenstarken Anfahrers Ben Kersten. Ich sicherte den zweiten Platz ab und verteidigte gegen Philipp Mann (Bahati Foundation) das Rote Trikot. Damit kann und konnte ich mehr als zufrieden sein und habe hiermit einen meiner größten Erfolge zu feiern.