Im tiefen Matsch von Roubaix erreicht der Brandenburger im Laufschritt Platz 14 - und verabschiedet sich in ein kurzes Trainingslager nach Spanien.
Tagelange Regenfälle und der mittlerweile abgetaute Schnee von Weihnachten hatten den Boden um das berühmte Velodrome von Roubaix im Norden Frankreichs tief aufgeweicht. Da nützte es auch nicht mehr, dass am Morgen die Sonne von einem strahlend blauen Himmel auf das traditionelle Ziel des Straßen-Klassikers Paris-Roubaix schien - im Gegenteil: der antrocknende Matsch wurde somit auch noch klebrig, setzte Felgen und Schaltungen zu, und ließ auch die Zuschauer kämpfen, die Mühe hatten, ihre Schuhe nicht Schlamm zu verlieren. Und auch, wenn sogenannte moderne Cross-Strecken flach und schnell sind, war von der gewaltigen Zuschauerkulisse von über 8.000 Menschen immer wieder anerkennend zu hören, „Das ist wahrer Cross-Sport!“ Viele Passagen rund um das Velodrome waren nur laufend zu bewältigend, das Rad geschultert oder schiebend, bergab, bergauf, im Flachen. Und nicht selten waren die laufenden Radfahrer schneller als fahrenden, die Mühe hatten, im Schlamm eine griffige Spur zu finden.
Keine leichten Bedingungen also für alle Starter beim vorletzten Weltcup der Saison. Doch der Deutsche Meister Philipp Walsleben kam mit den Bedingungen gut zurecht und schaffte sogar das Kunststück, die ersten Runden jeweils in exakt der gleichen Zeit zurückzulegen - und sich dabei von seinem schlechten Startplatz kontinuierlich nach vorne zu arbeiten. Nach sechs Runden hatte er es schon bis Platz 12 geschafft und war damit in einer kleinen Gruppe mit zwei seiner Team-Kollegen von BKCP-Powerplus angelangt, die sich gemeinsam durch den Schlamm pflügen wollten, als das Unglück geschah: mit Schlamm-verschmierten Reifen rutschte Walsleben auf einem Teerstück weg und schlug hart mit dem rechten Ellbogen auf dem Boden auf. Bis er wieder auf dem Rad saß, verlor er über eine halbe Minute und auch einige Plätze. Doch der Brandenburger biss die Zähne zusammen und erreichte letztlich als 14. das Ziel im Velodrome von Roubaix. „Das ist meine beste Weltcup-Platzierung bisher“, freute sich der 22-jährige, der als einziger Deutscher in Frankreich an den Start gegangen war. „Es zeigt, dass ich im Hinblick auf die Weltmeisterschaft in zwei Wochen auf einem guten Weg bin.“ Weniger gute Neuigkeiten gab es für seinen Team-Kollegen, Elite-Weltmeister Niels Albert, der bei den belgischen Meisterschaften vor einer Woche von einem anfeuernden Fan während des Rennens zu Fall gebracht worden war und sich dabei einen Rippenbruch zugezogen hatte: schmerzbedingt konnte Albert seinen Widersachern in Roubaix nicht Paroli bieten, musste sich mit dem ungewohnten achten Platz begnügen und verlor dabei viele wertvolle Punkte im Kampf um den Gesamtweltcup, den er bislang souverän angeführt hatte. In Roubaix aber musste er sein weißes Führungstrikot an den Tschechen Zdenek Stybar abgeben, der im Velodrom seinen dritten Weltcup-Sieg der Saison feiern konnte.
Noch rund einen Monat dauert die Cross-Saison 2010, ein Monat mit einigen wichtigen Rennen: so findet am kommenden Wochenende im niederländischen Hoogerheide das Weltcup-Finale( den Link zum Livestream findet ihr hier an Freitag) statt, just auf der Strecke, wo Philipp Walsleben vor Jahresfrist seinen Titel als U23-Weltmeister gewonnen hatte. „Da ist man natürlich besonders motiviert“, so der Kleinmachnower, der mit seinem Team BKCP-Powerplus und der Deutschen Meisterin Hanka Kupfernagel vorher noch ein paar Trainingseinheiten im deutlich wärmeren Spanien einlegen wird. Denn bereits eine Woche später, am 31. Januar, findet im tschechischen Tabor die Weltmeisterschaft statt. Zwar kann Walsleben dort seinen U23-Titel nicht mehr verteidigen, weil er ja mittlerweile in der Elite-Klasse starten muss, „aber eine Platzierung um Rang 15 sollte schon drin sein“, so der Wahlbelgier zuversichtlich. Topplatzierungen will Walsleben auch bei den Rennen im Februar einfahren, auch wenn es an seinenPlatzierungen in den belgischen Topserien GvA-Trofee und Superprestige nichts mehr ändern wird. „Dazu habe ich am Anfang der Saison zu vielversäumt. Jetzt muss ich halt versuchen, in den einzelnen Rennen guteErgebnisse einzufahren. Da ist es dann fast egal, ob es Weltcup, Weltmeisterschaft oder eines der hochklassigen belgischen Rennen ist: die Gegner sind fast immer die gleichen!“
Text/ Photos: Armin M. Küstenbrück