Ein kleiner Rennbericht aus Sicht eines sich redlich abmühenden Ü50-Hobby-Piloten:
3. und letzter Lauf der vierteiligen Trilogie "Cyclocross-Serie". Nach dem ausgelassenen ersten Lauf im Cyclocross-Land und der Matsch-und-Modder-Party am Großensee war der „Nieuwjaarscross“ am 2. Januar mangels Beteiligung ja leider abgesagt worden.
Nun also das große Finale der kleinen Serie auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn – für mich „holy ground“, denn vor vielen, vielen Monden bestritt ich hier mein allererstes CX-Rennen, damals noch auf einem geliehenen X-Bow und unter deutlich anderen Wetter- und Streckenbedingungen.
Auf HFS gab es in der Woche vor dem Rennen schon ein bisschen Austausch über die verschiedenen Wetter-Wünsche:
Sonja hatte einen trockenen Renntag auf dem Wunschzettel. Ich hatte da eher an matschige Bedingungen gedacht. (Darauf komme ich noch einmal ganz zum Schluss des Berichts zurück.) Der „Ledersattel“ versprach eine Streckenwässerung unter der Woche und am Sonntag „Trockenheit von oben“, während sich Mario am Samstag als Verantwortlicher für tiefen Matsch an verschiedenen Stellen outete – es konnte also nur spannend werden.
Anders als im Stevens-Cup, wo die alten Herren kurz nach High Noon auf die Strecke gelassen werden, war an diesem Sonntag zeitiges Erscheinen gefordert: Das allererste Rennen des Tages war die Hobby-Männer (18-39 Jahre, 14 gemeldete Teilnehmer) und Hobby-Masters (Ü40 bis open end, 49 gemeldete Teilnehmer) vorgesehen.
Das passt zwar eigentlich nicht so perfekt zu meinem Biorhythmus, angesichts des Wetters und der Streckenbedingungen war es aber wohl doch eine Gnade, auf einer noch nicht völlig zerstörten Strecke starten zu müssen.
Bei der nassen, windigen Kälte standen dann statt 63 Startern auch nur 40 Leute (8 + 32) am Start.
Das M&M-Battle lag dieses Wochenende auf Eis und muss noch weitere 4 Wochen Pause einlegen: Gemeldet war Mario zwar, aber als Mitglied des ausrichtenden Vereins rief die Pflicht und so tauschte er Sports- gegen Work-Wear. Auch andere wackere CX-Recken waren nicht am Start: Der Kieler Kay war wegen einer Ellenbogen-Verletzung „nur“ zur Betreuung der Kieler Jugend vor Ort und Stefan das Uhrwerk wollte/konnte nach Krankheit und Trainingspause sich auch nicht gleich unter solchen Bedingungen wieder „die Kante geben“. Komisch: So richtig tieftraurig wirkte keiner von ihnen…
Wie genau sich die Startaufstellung ergab (Auslosung wie in Großensee oder irgendein Ranking?) habe ich nicht mitbekommen – konnte mir letztlich aber auch egal sein, denn in der Aufstellung des Masters-Feldes durfte ich in die erste Reihe einrücken.
Das kleine Feld der Hobby-Männer startete 20 Sekunden vor uns, dann ging es los:
So richtig dynamisch kam ich auf den ersten Metern nicht vom Fleck, aber auf der langen, breiten Startgeraden konnte ich am rechten Rand dann doch sehr gut durchziehen. Jörg kam - für ihn eher ungewöhnlich - sehr gut aus den Startblöcken und war am Ende der Tribünen in Führung, an der ersten leichten Verengung zog ich an ihm vorbei und bog als Erster scharf rechts ab „ins Gelände“.
Hier ging es noch schwungvoll leicht bergab auf festem, mit einigen Pfützen gespicktem Untergrund. Den ersten Wall überfahren zu wollen war ziemlich aussichtslos, denn die Matschkuhle direkt davor hatte in etwa die Funktion eines Fahrradständers, in den man mit vollem Schwund „einparkt“: Die Bremse brauchte man also nicht betätigen, dafür musste das Absteige-Timing vom abrupt gebremsten Rad passen.
Und es passte: Über die beiden Wälle laufend konnte ich noch vor bleiben, direkt danach ging es an der Boxenanlage jedoch durch ähnlich tiefen Boden weiter, und hier zogen die ersten „großen Motoren“ vorbei.
Hinter den Boxen gab es ein wenig Gnade in Form von einigen Metern gepflasterter Strecke, bevor es in das erste Kneipp`sche Fußbad vor den Stufen ging:
Hier hatte sich Julia zum anfeuern und fotografieren postiert. Anders als ich hat Jörg dann auch pflichtschuldig noch ein fotogenes Lächeln hinbekommen:
Dahinter gab es noch ein paar der wenigen Meter festen Bodens, ehe es in feines, matschiges Spurrillen-Geläuf ging. Dahinter noch einmal wenige Meter zu durchschnaufen zur Matsch-Schikane und bald darauf ein besonderes Schmankerl:
Statt sich die Mühe zu machen, mehrere LKW-Ladungen Sand in der Fläche zu einer Sandgrube zu verteilen, lang hier einfach ein ~2,5 Meter hoher Sandberg der Gattung „Wanderdüne“ herum.
Hang loose:
Dahinter kam dann ein schön langes, gerades Feuchtbiotop: Bei der Streckenbesichtigung hatte ich mich hier noch fahrend durchgequält und schon dabei beschlossen, im Rennen lieber zu laufen.
Ich möchte jetzt hier nicht das Wort „kraftsparender“ in die Tastatur hämmern, aber das Laufen war kaum langsamer als Fahren und zumindest für meinen Geschmack hat man damit nicht ganz so sehr Raubbau an der schwindenden Kraft betrieben. Aber auch beim Laufen war es knöcheltief (sowohl links, rechts als auch mittig) und ich war heilfroh, dass ich die Schuhschnallen vor dem Start besonders fest zugezogen hatte.
Dahinter gab es zur Abwechslung kein Stückchen festen Bodens, sondern weiter durch halbwegs fahrbaren Matsch und zum ersten Mal über die flacheren Wiesen-Hügelchen. Nach dem kleinen Schräghang (kaum zu glauben, aber gut fahrbar) war dann eine schöne harte (Betonplatten?) Kante in einer Pfütze versteckt. Meine empirische Versuchsreihe zeigte, dass man ganz links für Mensch & Material schmerzfrei durchrollen konnte.
Weiter ging es durch schmatzenden Matsch zu den Hürden und danach zum zweiten Mal über die flachen Grashügelchen - Runde für Runde wandelte sich der Grasbewuchs jedoch auch zu braunem Matsch und ich möchte gar nicht wissen, wie das am Nachmittag aussah.
Hinter dem letzten Hügel dann eine schwundvolle Rechtskurve und ab in den Tunnel, an dessen Ende ein unbeheiztes Nichtschwimmer-Becken wartete: So wurden Runde für Runde immerhin Sand und Matsch von Kette und Schuhen gespült und gleichzeitig sichergestellt, dass niemand auch nur annähernd mit normaler Körpertemperatur auf die Start-Ziel-Gerade biegen konnte.
Hier fragte ich mich Runde für Runde, wieso ich meine Großensee`schen Idee von wasserdichten Goretex-Socken eigentlich nicht weiter verfolgt hatte?
Im Grunde war ich schon im Laufe der ersten Runde an „meinen Platz“ im Feld hinsortiert worden, das weitere Rennen bot nicht mehr viel Action in Form von Positionskämpfen. Nur Mitte der letzten Runde überholte mich Kai von der RG Uni laufend hinter der Wanderdüne. Dabei nutzten wir die letzte übrige Puste um Seite an Seite laufend noch ein paar Worte zu wechseln und irgendwie gelang es mir am Ende des Feuchtbiotops doch noch wieder vor ihm auf´s Rad zu kommen. Die letzte halbe Runde gab ich dann noch einmal so gut es ging so etwas ähnliches wie „Gas“ und konnte tatsächlich wieder ein paar Meter Vorsprung herausfahren und meinen Platz ins Ziel retten – da hatte die Taktik des „unauffällig in ein Gespräch verwickeln und dabei einlullen“ wohl tatsächlich funktioniert.
Jörg war wie üblich schon längst vor mir im Ziel und hat damit seinen Job des „ein gutes Bild für´s Team abgeben“ wieder perfekt erfüllt.
Wie für Großensee habe ich auch hier noch einmal eine „virtuelle“ Wertung markiert: So sähe es aus, wenn man die "Hobby Masters" noch in Ü40/Ü50 trennen würde:
Und hier ist das Video des Hamburger Cyclist, der natürlich auch wieder vor Ort war:
Was bleibt für die gesamte Serie festzuhalten?
Eine wirklich schöne und vom Cyclocross Hamburg e.V. aufwändig organisierte Serie – da gibt es nicht wirklich etwas zu meckern. Schön wäre noch eine aus allen Läufen gebildete Gesamtwertung – die könnte auch noch einen „Sammler-Effekt“ haben und manch einen Teilnehmer motivieren, nicht nur einzelne sondern alle Veranstaltungen mitzumachen.
Was mir persönlich nicht so gut gefiel waren zum Einen, dass die Startzeiten der verschiedenen Klassen nicht „konsistent“ waren, sondern von Rennen zu Rennen unterschiedlich neu gemischt wurde.
Zum Anderen, dass es -anders als beim Stevens-Cup- nicht möglich (oder zumindest nicht erlaubt) war, zwischen den Rennen seine Probe-/Trainingsrunde zu drehen, sondern dafür nur Morgens und dann noch einmal Mittags/Nachmittags längere Zeitfenster vorgesehen waren. Das hatte z.B. am Großensee den unangenehmen Effekt, dass ich vor dem Frauen-Rennen die Testrunden drehen musste (in strömenden Regen bei wenig über 0°C) und dann noch über eine Stunde zu überbrücken hatte, bis ich selbst ran durfte – unter solchen Bedingungen nicht wirklich witzig, wenn man nicht gerade zufällig ein beheiztes Wohnmobil zur Hand hat. An sich ließe sich das gemessen an der zur Verfügung stehenden Zeit und den unterzubringenden Rennen besser organisieren.
Und was bleibt die Erkenntnis des Renntages? Bevor ich zum Thema ‚Wetter & Streckenbedingungen‘ irgendwann wieder so locker hinausposaune „statt trockenem Wetter hätte lieber tiefen Matsch...“ werde ich es mir doch noch einmal gut überlegen – frei nach dem Motto „Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, denn sie könnten in Erfüllung gehen!“
Bilder: Cyclocross Hamburg e.V. und Michael Richter: https://www.helmuts-fahrrad-seiten.de/2022/02/07/bilder-von-der-cyclocro...