Neue Siegerin, neuer Sieger – und eine grosse Überraschung

Bern, 20.10.2019 – Die Niederländerin Annemarie Worst und der Belgier Eli Iserbyt gewinnen die Eliterennen des Radquer-Weltcups in Bern. Zur Freude des Heimpublikums entscheidet der Schweizer Kevin Kuhn das Rennen der U23-Kategorie für sich. Der OK-Präsident zieht ein positives Fazit, blickt aber in eine ungewisse Zukunft.

 

Am Sonntagnachmittag kam die Sonne doch noch zum Vorschein – und verlieh dem Finale des zweiten Radquer-Weltcups in Bern einen würdigen Rahmen. Für die einzige Irritation in diesem Moment sorgte ausgerechnet Eli Iserbyt, der Sieger: Unter tosendem Applaus fuhr er ins Ziel – allerdings nicht jubelnd, sondern mit fragendem Blick. Er war der festen Überzeugung, dass noch eine Runde zu absolvieren sei.

Iserbyt, ein 21-Jähriger aus der Radquernation Belgien, ist so etwas wie der neue Superstar des Sports. Letztes Jahr hatte er in Bern das U23-Rennen für sich entschieden, nun gewann er auf Anhieb in der Elite-Kategorie. Mit Toon Aerts und Michael Vanthourenhout komplettierten zwei weitere Belgier das Podest.

Bern war die dritte Station des diesjährigen Radquer-Weltcups, es war Iserbyts dritter Sieg. Ein Einstand nach Mass, den er sich genau so vorgenommen hatte: Schon im Vorfeld hatte er kein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich in den ersten Rennen in besonders herausragender Form präsentieren wolle. Der Grund: Es war früh klar, dass die Dominatoren der letzten Saison, der Niederländer Mathieu van der Poel und der Belgier Wout van Aert, später als üblich ins Wettkampfgeschehen eingreifen würden. Van Aert war bei der Tour de France im Sommer schwer gestürzt, van der Poel erholt sich von der langen Strassensaison.

 

Kein Schweizer Top-20-Platz

Auch im Eliterennen der Frauen gab es eine grosse Abwesende: die letztjährige Gewinnerin Marianne Vos. Es siegte die 23-jährige Annemarie Worst, als Niederländerin eine Landsfrau der Radsport-Überfliegerin Vos – sie entschied das Rennen 33 Sekunden vor Ceylin Alvarado, einer weiteren Niederländerin, und 56 Sekunden vor der Britin Anna Kay. Letztes Jahr hatte Worst in Bern Platz 2 belegt, wie Eli Iserbyt hat sie ihr Können in der Vergangenheit schon in der U-23-Kategorie bewiesen: 2017 wurde sie Weltmeisterin.

Mit Noemi Rüegg klassierte sich die beste Schweizerin auf Platz 40. Auch den Schweizer Männern gelang im Eliterennen der Sprung in die Top 20 nicht, allerdings deutlich knapper, Rüeggs älterer Bruder Timon fuhr auf Platz 21. Mit Lukas Flückiger (Platz 26) und Marcel Wildhaber (Platz 29) schafften es zwei weitere Landsleute in die Top 30.

 

Start-Ziel-Sieg für Kevin Kuhn

Für die grosse Überraschung sorgte Kevin Kuhn. Der 21-jährige Zürcher gewann das U23-Rennen am Sonntagmittag 6 Sekunden vor dem niederländischen Meister Ryan Kamp und 26 Sekunden vor dem Schweizer Meister Loris Rouiller.

Es war Kuhns erster Weltcup-Sieg, überhaupt der erste eines Schweizers in dieser Kategorie, weshalb man den Erfolg kaum hoch genug einschätzen kann. Das Gleiche gilt für Kuhns Mut, sich unmittelbar nach dem Startschuss an die Spitze des Feldes zu setzen, vor allen Belgiern und Niederländern, mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er es schon immer so getan.

Als Erster ging er in die erste Kurve, sein Vorsprung betrug mal 20, mal bloss 10 Sekunden, aber Kuhn kämpfte sich durch. Auf den letzten zwei von sechs Runden hatte er zu beissen, wie er nach dem Rennen gestand, sichtlich bewegt noch von den Freudentränen, die ihn beim Zieleinlauf übermannt hatten – aber das heimische Publikum trug ihn ins Ziel. «Es war schön, so viele Fans am Streckenrand zu wissen», sagte Kuhn.

 

Positives Fazit… 

Der OK-Präsident Christian Rocha ist zufrieden mit dem Wochenende. Wie bei der Premiere vor einem Jahr besuchten allein am Sonntag etwa 7000 Zuschauerinnen und Zuschauer das Wettkampfgelände beim Freibad Weyermannshaus im Osten Berns. Für zusätzliches Spektakel sorgte dieses Jahr das bis Samstagabend nasse Wetter: Das Terrain war extrem anspruchsvoll, an vielen Stellen rutschig und morastig.

Auch die vielen Side-Events erfreuten sich grosser Beliebtheit, ebenfalls das Streetfoodfestival und die verschiedenen Aussteller. Besser als erwartet lief der Verkauf der Support-Bändeli, fast 3000 Stück gingen weg. Das Team um Rocha hatte gehofft, damit im besten Fall das budgetierte Minus von 15'000 Franken decken zu können. Nun schaut ein kleiner Gewinn heraus, der gerade reichen sollte, den Verlust vom Vorjahr wettzumachen.

 

… unklare Zukunft

Trotzdem blickt Rocha in eine ungewisse Zukunft. Der Radweltverband UCI hat vor wenigen Tagen kommuniziert, dass der Radquer-Weltcup ab nächster Saison 16 statt wie bisher 9 Stationen beinhalten soll, davon allein 8 Rennen in Belgien.

Von Oktober bis Ende Januar wird es also nahezu kein Weltcup-freies Wochenende mehr geben, was sich erstens negativ auf die ebenfalls von Rocha organisierte EKZ CrossTour auswirken könnte. Zweitens ist zu befürchten, dass nicht mehr bei allen Weltcups alle Stars vertreten sind, vor allem die nichtbelgischen Teams fürchten, dass dafür das Budget fehlt.

Rocha kritisiert, dass hinsichtlich des neuen Formats so ziemlich alles unklar ist: «Ich weiss bis heute nicht, welche Bedingungen nächstes Jahr an Weltcup-Veranstalter gerichtet werden – das macht die Planung extrem schwierig. Zurzeit ist ungewiss, ob der Radquer-Weltcup in Bern noch einmal stattfinden kann.»


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