Saisonfazit von Jens Schwedler

Jens Schwedler in VechtaDerzeit wird die Zukunft des Crosssports in Deutschland kontrovers diskutiert. Zwischen Deutschland-Cup und Deutscher Meisterschaft zieht Jens Schwedler Bilanz. Obwohl er selbst und auch sein Team erfolgreich unterwegs war in diesem Winter, sieht der Weltmeister der Masters noch viel Arbeit im deutschen Crosssport. Was er kritisiert, verrät Schwedler im Interview.

Kurz vor dem Saisonhöhepunkt – wie fällt Ihre Bilanz des Stevens Racing-Teams bisher aus?
Jens Schwedler: Wir können zufrieden sein, was die SKS- Deutschland Cup Rennen angeht. In vier Klassen haben wir den Deutschland-Cup mitbestimmt, zwei Gesamtwertungen haben wir schon vor den letzten Rennen gewonnen. Dazu haben wir noch die beiden Cords-Brüder in der Schüler- und in der Jugendklasse an den Crosssport herangeführt. Für die Saison 2010 werden wir uns in der Juniorenklasse mit Silvio Herklotz verstärken. Ich halte Silvio für einen sehr aufgeschlossenen und leistungsstarken Nachwuchsfahrer in Sachen Cyclocross und im Zeitfahren.

Das Stevens Racing-Team hat den Deutschland-Cup bis zum Schluss in vier (Junioren, U23, Elite und Masters) Klassen geprägt und mitbestimmt. Nur bei den Junioren hat das Team den Cup scheinbar aus der Hand gegeben?
Jens Schwedler: Wenn ich auf die letzten Jahre der Juniorenklassen schaue, macht es mir ein wenig Angst und Bange. Es ist nicht nur, dass wir sehr geburtenschwache Jahrgänge haben, sondern wir haben im Juniorenbereich keinen herausragenden Sportler in Deutschland. Das Gleiche spiegelt sich logischerweise auch im Stevens-Team wieder. Wir arbeiten nur mit Hamburger Sportlern, und hier ist es sehr positiv, dass zwei Vereine sehr gut zusammen arbeiten. So können wir ein wenig in die Breite gehen. Wir haben aber auch sehr viele Probleme mit Krankheiten gehabt - Jannick Geisler und Felix Rieckmann waren sehr oft krank; genauso wie Johannes Cords, der im Dezember ebenfalls erkrankt war. Trotzdem  bin ich mit der Entwicklung dieser Sportler zufrieden. Ein gutes Beispiel ist Julian Lehmann, (Junioren Sportler des Monats November)der sich aus dem Junioren-Team hervor gearbeitet hat. In der Juniorenklasse macht er einen sehr guten Eindruck, wenn er seinen Start noch ein wenig mehr in den Griff bekommt, wird er seinen Weg machen.

Der Deutschland-Cup erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Aber schon seit einiger Zeit werden die Rufe nach einer Modifizierung laut, um den Crosssport noch populärer und attraktiver zu machen. Ist die Zeit dafür jetzt gekommen?
Jens Schwedler: Die Zeit ist schon längst gekommen! In Deutschland, speziell beim BDR, muss man sich mal überlegen, wo man mit den Crosssport hin will. Wenn ich darüber nachdenke, dass die Deutschen Meisterschaften auf einem solch schweren Kurs wie in Magstadt stattfinden, sehe ich da kein Vorankommen. Das hat mit dem modernen Crosssport nichts mehr zu tun. Sicher ist es nicht verkehrt, auch mal so ein schweres Rennen mit in die Serie einzubauen, aber wir sollten uns doch auch am internationalen Standard messen. Wir haben die Talente in Deutschland. Aber mit einer Strecke wie der in Magstadt verschreckt man die Talente, grad in den Schüler- und Jugendklassen. Für mich ist der deutsche Meister-Titel in den Nachwuchsklassen nicht repräsentativ genug für die internationalen Einsätze, oder für die Nominierung zu einer Weltmeisterschaft. Denn die Topographie hat so gar nichts mit den Topographien der kommenden Weltmeisterschaften zu tun, oder mit den Strecken die international gefordert werden. Ich bin auch dafür, dass man den Deutschland-Cup kürzt, denn 18 Veranstaltungen sind zu viel. Für mich haben sich Veranstaltungen durchgesetzt. Rennen wie in Lohne, Lorsch, Hamburg, Kleinmachnow, Döhlau, Strullendorf, Frankfurt, Homburg, Hannover und Herford – da wären wir bei elf Veranstaltungen, das ist akzeptabel.

Auch beim BDR hat sich einiges getan. Statt wie bisher Patrick Moster als einzelner sind nun Peter Schaupp und Frank Brückner als Verantwortliche eingesetzt. Eine gute Entwicklung?
Jens Schwedler: Grundsätzlich ja. Aber für die Sportler und auch sportlichen Leiter wie mich ist das keine gute Situation. Wir wissen doch gar nicht, wer nun der Ansprechpartner ist. So kann auch keine vernünftige Saisonplanung entstehen. Der Vorwurf richtet sich gar nicht mal an die Trainer, sondern an den Vorstand des BDR. Es muss doch möglich sein, gerade jetzt, wo der Deutschland-Cup mit SKS einen Hauptsponsor gefunden hat, mehr für den Crosssport zu tun, zumal wir in der nächsten Saison die Europa- und die Weltmeisterschaft im eigenen Land haben und echte Probleme bei den Junioren haben, gut ausgebildete Sportler zu finden, die physisch wie auch technisch international unter die Top 20 fahren können. Ein positives Beispiel ist Wenzel Böhm-Gräber. Wenzel ist als Jugendfahrer zu Stevens gekommen, ich habe ihm technisch sehr viel beibringen können und ihn auch das nötige Selbstvertrauen gegeben. Jetzt gehört er nicht nur zu den Top-Leistungsträgern des SKS-Teams, sondern auch zum Stammkader des BDR. Aber man braucht schon zwei bis drei Jahre, um einen Sportler gut auszubilden zu können. Hier muss der BDR auch sein Teil dazu beitragen.

Nach den Erfolgen bei der letzten WM – wo steht der deutsche Crosssport?
Jens Schwedler: Er steht sicher ein wenig besser da. Aber wie ich schon sagte, es gibt noch sehr viel zu tun. Wir dürfen uns nicht auf diesen Erfolgen ausruhen, das wäre fatal. Wir müssen daran arbeiten, den Nachwuchs noch besser zu fördern – und da ist auch vor allem der BDR gefordert. Auch wenn es keine olympische Disziplin ist, muss man sich zum Cross bekennen – und vor allem müssen wir uns noch mehr international orientieren. Und dazu gehört auch ein moderner Deutschland-Cup, dazu gehören moderne Rennstrecken und natürlich auch Sportler, die das auch wirklich wollen. Marcel Meisen und Sascha Weber sind auf dem richtigen Weg, sie messen sich international. Für meinen Geschmack könnten sie noch professioneller werden. Hier muss ich aber auch auf mein Team schauen. Sportler wie Johannes Sickmüller und auch Ole Quast fahren zu wenig internationale Rennen. Das kommt aber auch daher, dass es zu viele Rennen im Deutschland-Cup gibt. STEVENS möchte Siege in SKS- Deutschland – Cup, international ist STEVENS sehr gut verträten mit Niels Albert und Co.

Noch mal zurück zum Stevens Racing-Team. Das Team hat die Saison wie selten zuvor geprägt. Was erwarten Sie von den Deutschen Meisterschaften?

Jens Schwedler: Meine Vorgabe für diese Saison war, bei den Deutschen Meisterschaften mit um die Medaillen zu fahren. Wie die SKS-Cup-Rennen gezeigt haben, werden wir auch mitmischen und sicher auch Medaillen holen. Damit wäre das Ziel erreicht.

Foto: Andis Radsportfotos