Erstes Saisonfazit von Phillipp Walsleben

Nach dem Weltcup in Tabor zieht P.Walsleben eine erste Bilanz.

Mit einer grandiosen Leistung zeigte der erst 22-jährige Kleinmachnower
Radcross-Spezialist auf der anspruchsvollen Strecke in Westböhmen eines der
besten deutschen Ergebnisse der letzten fünfzehn Jahre

Der Kleinmachnower Philipp Walsleben ist erfolgreich in die
Cyclo-Cross-Saison 2010/11 gestartet. Nach einem – für ihn selbst eher
enttäuschenden – 15. Platz vor einer Woche beim Weltcup-Auftakt im
schweizerischen Aigle direkt am Sitz des Weltradsportverbandes UCI, konnte
der 22-jährige Brandenburger am vergangenen Sonntag deutlich zulegen und
sich auf dem trockenen, aber anspruchsvollen Querfeldein-Kurs in der
tschechischen Stadt Pilsen den siebten Platz sichern. Das ist nicht nur
Walslebens persönliche Bestleistung bei einem Elite-Weltcup, es ist auch das
beste Weltcup-Ergebnis eines deutschen Profis seit Januar 2007, als René
Birkenfeld in einer Schlammschlacht beim Weltcup-Finale Hoogerheide
(Niederlande) die gleiche Platzierung erringen konnte: eine bessere
Platzierung deutscher Elite-Fahrer gab es zuvor zuletzt Mitte der Neunziger
Jahre in der Ära Mike Kluge. Solange muss man wohl auch in den Annalen
zurückgehen, wenn man den Gesamt-Weltcup im Auge hat: auf Platz 9 lag in
diesem Jahrtausend noch kein Deutscher. Doch mit solchen Vergleichen kann
Walsleben, seines Zeichens immerhin U23-Weltmeister 2009, nichts anfangen:
„Ich will zu den Besten gehören. Das war schließlich einer der Gründe, warum
ich vor drei Jahren ins Zentrum des Querfeldeinsports nach Belgien gezogen
bin.“ Zu den Besten der Welt gehört er spätestens seit vergangenem Sonntag
nun auch in der Elite-Klasse: „Eines meiner Saisonziele ist nun erreicht,
ich könnte aufhören“, meinte der 22-jährige augenzwinkernd nach dem Rennen.
Doch eigentlich hat er Blut geleckt: „Ein weiteres Ziel für diesen Winter
ist, ein größeres Rennen zu gewinnen“, hatte Walsleben zu Beginn der Saison
vor wenigen Wochen als Devise ausgegeben. Von so einem Sieg ist er noch ein
wenig entfernt, zumindest wenn der heutige Tagessieger, der tschechische
Weltmeister Zdenek Stybar, oder Walslebens Mannschaftskollege Niels Albert
am Start stehen.

Genau an seiner eigenen Zielvorgabe wäre der Wahlbelgier in den vergangenen
Wochen fast verzweifelt: Nach dem guten Start in die Saison – beim
Auftaktrennen im belgischen Erpe-Meere Mitte September belegte Walsleben
ebenfalls den siebten Rang – beendete er die belgischen Rennen der
vergangenen Wochen immer zwischen Platz 10 und 15 und war damit nicht
wirklich zufrieden. „Heute habe ich gezeigt, dass ich es doch kann“, freute
sich Walsleben daher heute nicht ohne Stolz, aber völlig ausgepumpt im Ziel
der westböhmischen Stadt. Dabei hatte er Mitte des Rennens übermotiviert
sogar eine Kollision mit seinem eigenen, italienischen Teamkollegen Enrico
Franzoi in Kauf genommen, um einen weiter nach vorne zu kommen. Doch
Walsleben kämpfte sich wieder heran und konnte in der letzten Runde noch
zwei Plätze gut machen. „Hätte ich früher attackiert als an der letzten
Treppe, wäre vielleicht sogar noch ein Platz mehr drin gewesen“, zeigte sich
Walsleben trotz seines großartigen Erfolges selbstkritisch. Immerhin konnte
er in der siebten und in der letzten von insgesamt elf Runden die beste
Rundenzeit für sich verbuchen.

Ein hartes Programm erwartet Philipp Walsleben am kommenden Wochenende: je
ein Rennen der beiden größten belgischen Rennserien GvA-Trofee und
Superprestige warten auf den Deutschen Meister: am Sonntag das
Superprestige-Rennen in Zonhoven, am Montag (Allerheiligen) das
Koppenberg-Cross in Oudenaarde, wegen seines anspruchsvollen Profils eines
der Lieblingsrennen des ehemaligen U23-Weltmeisters: „Wäre natürlich super,
wenn ich meinen Erfolg dort wiederholen könnte“, freut sich Walsleben schon
auf die Herausforderung. Vielleicht tut dann auch die Rippe nicht mehr weh,
die er sich vor zehn Tagen bei einem Kirmes-Rennen in Ardooie geprellt
hatte: „Heute während des Rennens habe ich sie kaum gespürt“, so Walsleben
nach dem Rennen. Aber mit einem solchen Erfolg vor Augen vergisst man leicht
die Schmerzen …
Bisherige Ergebnisse in der Saison 2010/11 von Philipp Walsleben
(BKCP-Powerplus):

19.09.2010  Erpe-Mere (A2)                  7.
26-09.2010  Neerpelt ( Fidea Cyclocross Classics ) (A2)     13.
03.10.2010  Namur ( GvA Trofee ) (A2)           10.
10.10.2010  Ruddervoorde ( Superprestige ) (A1)         12.
14.10.2010  Ardooie (A2)                    15.
17.10.2010  Aigle ( UCI Worldcup )              15.
24.10.2010  Pilsen (UCI Worldcup )              7.



Text: Armin M. Küstenbrück
Photos: Armin M. Küstenbrück