Test: AVID BB7 Road SL und SlickWire Bremszugset

In den letzten Monaten habe ich die mechanische Scheibenbremse AVID BB7 Road SL, die Leichtbauversion der altbekannten und bewährten BB7 Road und das SRAM SlickWire Bremszugset getestet.


Zuerst zu Bremse und Scheibe.

Der Packungsinhalt besteht aus einem Bremsattel mit Belägen, der HS1-Bremsscheibe entweder in 140 oder in 160 mm,  passendem Adaper für IS2000, Schrauben zur Befestigung von Sattel, Adapter und Scheibe, einem Inline-Zugversteller und einem gewinkeltem T10/T25-Torx-Schlüssel.

Wie schon in der Ankündigung  korrigiert, ist die Preisempfehlung von SRAM-AVID mit 152 € für einen Sattel mit Scheibe nicht unbedingt ein Schnäppchen.
Aktuell (Juni 2013) liegen die marktüblichen Preise bei 100-130 €. Damit ist die SL-Version gut doppelt so teuer wie die einfache BB7 Road.
Der auffälligste Unterschied zur BB7 Road ergibt sich duch die Verwendung von schwarzem Kunststoff für die Stellrädchen, die das werkzeuglose Nachjustieren der Beläge ermöglichen und das glänzend silbergraue Oberflächenfinish [Falcon grey], was die neue Version deutlich hochwertiger aussehen läßt.

Weniger auffällig sind die Bauteile, die für die deutliche Gewichtsreduzierung und damit die Erweiterung "SL" in der Bezeichnung verantwortlich sind. Durch die Verwendung von Schrauben aus Titan und leichteren organischen Bremsbelägen auf einem Aluminiumträger konnte ca. 22 g eingespart werden, wodurch sich das Gesamtgewicht des Sattels auf 159 g reduziert.


Zusätzlich wird die BB7 Road SL nicht mehr mit der G2CS-Scheibe ausgeliefert, sondern mit der HS1, die mit den mitgelieferten 6 Titanschrauben ebenfalls nochmal ein paar Gramm einspart.
Wenn man alles zusammenrechnet, hat die neue Road SL mit 160mm-Scheibe und IS-PM-Adapter einen Gewichtsvorteil von ca. 45-50 g pro Laufrad gegenüber der ebenfalls noch angebotenen Vorgängerin (ca. 307 g RSL zu ca. 355 g Road).

Für den Beginn des Tests hab ich die BB7 RSL an ein FUJI Cross Pro mit GUNSHA WCC Vollcarbon-Gabel montiert.  Als Bremsgriffe dienten SHIMANO Dura Ace STIs ST-7900.


Die Montage der Sättel und der Scheiben war einfach. Vorn wurden 160mm und hinten 140 mm verbaut. Da Rahmen und Gabel über IS2000-Aufnahmen verfügen, wurde die mitgelieferten Adapter mit den beiliegenden Titanschrauben verwendet. Das AVID-eigene "Tri-Align Caliper Positioning System", die Kombination aus konkaven und konvexen Scheiben zur Sattelausrichtung, erleichtert die korrekte Positionierung.


Um einen gutes Ansprechverhalten zu erreichen ist hier die Empfehlung hochwertige Züge und kompressionsstabile Hüllen, wie z.B. SRAM SlickWire zu nutzen. Doch dazu später mehr.
Das FUJI war noch mit NOKON (Gabel) und ROSE Xtreme (Rahmen) Zügen und Hüllen bestückt, die ich erstmal übernommen habe. Den mitgelieferten Inline-Zugversteller habe ich nicht verbaut.
Die Justage wird, dank des Einstellrädchend für den äußeren Belag, deutlich erleichtert.
Wie bei den meisten mechanischen Scheibenbremsen empfiehlt es sich auch hier, den Bremsarm minimal vorzuspannen, um systembedingte Leerwege im Zugweg zu kompensieren.

Schon auf den ersten Fahrten zeigt die BB7 Road SL ein sehr gutes Ansprechverhalten mit feiner Dosierung. Die Einbremszeit ist sehr kurz. Sicher ein Verdienst der neuen organischen Beläge. Quietschen oder Schleifgeräusche sind kein Thema.

Bremstest:
Alle Bremstests wurden auf einer wenig befahrenen, abschüssigen, asphaltierten Teststrecke durchgeführt.
Als Auslösepunkt des Bremsvorgangs dient eine kleine Bodenwelle, ab der der Anhalteweg bestimmt wird.
Vom Startpunkt oberhalb der Bodenwelle wird möglichst exakt auf 50 km/h beschleunigt.
Ab Bodenwelle wird ausschließlich mit der Frontbremse bis zum Stillstand abgebremst und dann der Anhalteweg bis zum Aufstandspunkt des Vorderrads ermittelt.
Dieser Test wird mehrfach wiederholt um Geschwindigkeitsunterschiede auszugleichen und möglichst weit an die optimale Verzögerung heranzubremsen.

Die Anhaltewege am Unterlenker liegen bei 21-24 m und bei 23-26 m auf den Bremsgriffen.

Nun zu den SlickWire Bremszügen und -hüllen.
In der Pappschachtel befanden sich zwei Züge mit 135 und 275cm länge und eine 300cm lange Hülle mit zwei Flexpipes-Enden.
Beim Montieren ist mir die große Ähnlichkeit mit JAGWIRE Racer Hüllen aufgefallen. Ich hab dann mal ein Stück in seine Schichten zerlegt.

[Die Kevlarfasern liegen normalerweise als ordentlich verflochtenes Schlauchgewebe um die Kunstoffhülle.]

Eine JAGWIRE Racer Hülle ist gleich aufgebaut. Auch die Längen und Gewichte der Züge und Hüllen sind nahezu identisch. Ein Meter Hülle wiegt ca. 40 g, ein Meter Zug ca. 13 g. Durch den linearen Aufbau mit den Stahldrähten ist die Hülle sehr steif und zeigt eigentlich keine Schwächen.

Mit den neuen Zügen und Hüllen wurden im Wesentlichen die gleichen Anhaltewege wie mit den NOKONs erreicht. Es könnte aber sein, dass das NOKON System noch etwas definierter und feinfühliger zu dosieren war.

Danach wurden die BB7 Road SL an ein APACE T1ST montiert, wo sie über JAGWIRE Racer Hüllen und Züge von älteren Ultegra SL Hebeln, ST-6600G, betätigt werden. Das APACE verfügt über Postmount-Bremsaufnahmen an Gabel und Rahmen.


Wie zu erwarten war auch hier die Montage kein Thema. Da das Rad auch hinten eine 160mm große Scheibe benötigt, wurde abweichend eine ASHIMA  Ai2 montiert, da keine zweite HS1 in der Größe zur Verfügung stand.


Nach kurzer, unauffälliger Einbremszeit werden auch mit diesem Set-up hervorragende Anhaltewege auf der Teststrecke erzielt: 20-23 m am Unterlenker und 22-25 m auf den Bremsgriffen.

Damit bremst sich die BB7 Road SL mit HS1-Rotor aktuell zu meiner Referenz der mechanischen Scheibenbremsen.
Mit den alten SHIMANO Hebeln harmoniert sie noch etwas besser als mit der neueren Generation.
In einigen Foren wird von einer schlechte Kompatibilität mit SRAM-Hebeln berichtet, was ich nicht überprüfen konnte.
Quietschen tut sie nur äußerst selten und eigentlich nur wenn sie feucht ist. Fading oder andere Hitzeprobleme sind während des Tests nicht aufgefallen. Die Beläge zeigen nach gut 480 km Testbetrieb noch keine erkennbaren Abnutzungserscheinungen.


Mein Fazit:
Die aufgehübschte und auf Diät gesetzte AVID BB7 Road SL ist aktuell eine der besten mechanischen Scheibenbremsen, wenn nicht sogar die Beste. Nur der hohe Preis trübt ein wenig den Gesamteindruck.

PLUS:
+ sehr leicht
+ einfache Montage und Ausrichtung
+ werkzeuglose Belagsnachstellung
+ hervorragende Bremswirkung

MINUS:
- hoher Preis

  


 

Weiter Einzelheiten finden sich auch in meinem Testtagebuch, das bei uns im Forum erschienen ist und von vielen Lesern kommentiert wurde. Hier meine Tagebucheinträge:

19.11.2012
UPS war da und hat mir ein Paket gebraucht. Drin waren drei weitere Päckchen: [Fotos im Forum]
So, schnell mal ausgepackt: [Fotos im Forum]
Leichter ist sie geworden. Die bisherige BB7 Road (links) wiegt ca. 181 g und die neue BB7 Road SL (rechts) ca. 160g. Die Befestigungsschrauben und auch die Rotorschrauben sind ebenfalls aus Titan und damit auch noch mal ein paar Gramm leichter als die bisherige Variante.
So grob kalkuliert, hat die neue BB7 RSL gegenüber der BB7 Road bei 160mm Scheibe einen Gesamtgewichtsvorteil von knapp 50g. Ca. 30g für den Sattel mit Befestigungsschrauben und ca. 20g für die HS1-Scheibe mit Titanschrauben.

20.11.2012
Ein erster Bericht ist im Portal: http://www.cx-sport.de/content/cyclo...oad-sl-im-test
Montiert sind sie. War, wie zu erwarten, völlig problemlos. Lassen sich sowohl gut ausrichten, als auch einstellen. Leider war es hinterher zu dunkel um brauchbare Fotos zu machen. Hole ich nach.

21.11.2012
Wie angekündigt, die Bilder der montierten Bremsen: [Fotos im Forum]
Im Moment nutze ich noch NOKON und ROSE (JAGWIRE) Züge und Hüllen. Auf die SlickWire werde ich etwas später umrüsten.

25.11.2012
Heute hatte ich endlich etwas Zeit, um die Bremsen etwas einzufahren. Schon nach ein paar Probebremsungen haldenab zeigt die BB7 Road SL eine sehr gute Bremswirkung. Vielleicht noch nicht perfekt eingebremst, aber schon beeindruckend kräftig und sehr gut dosierbar, mit einem Wort: vielversprechend.
Bin gespannt auf die weiteren Testfahrten.

28.11.2012
Gestern nochmal ein paarmal die Halde runter um die Bremsen einzubremsen. Bremst von Anfang an sehr ordentlich. Kein unsicheres Gefühl. Jederzeit gut dosierbar.
Habe bisher noch keine Bremsversuche auf meiner Teststrecke gemacht, da ich die falschen Reifen drauf hatte.

30.11.2012
Hab gerade die Reifen gewechselt. Heute Abend ist Nightride.
Der Mimo Larsen ist allerdings trotz der Schonung hinten um. Die Mittelnoppen sind so weit abgefahren, dass sich in der Mitte der Stümpfe dreieckige Löcher eingerissen haben, die zwar noch nicht durchgehen aber schon deutlich in den Mantel reinreichen.
Gerade vom Nightride zurück. Bremsen völlig unauffällig. Trotz teilweise sehr aufgeweichten Streckenabschnitten mit Wasser und Schlamm, weder unzureichende Bremskraft, noch irgendwelches Quietschen. Bremst sehr gut und läßt sich auch sehr gut dosieren.

06.01.2013
Heute, trotz Nieselwetter und feuchten Straßen, wieder mal ein paar Bremstests gemacht.
Klar, dass ich die nicht mit denen bei trockener Fahrbahn vergleichen kann, aber ich war tatsächlich beeindruckt.
Die Anhaltewege aus ca. 50 km/h auf meiner abschüssigen Bremsteststrecke lagen mit 22-26m auf sehr gutem Niveau.
Das entspricht den Werten, die ich auch mit der normalen BB7 Road und der BENGAL MB700T so erreiche - allerdings im Trockenen!
Hoffentlich hab ich bald Gelegenheit die Bremstests bei trockener Fahrbahn durchzuführen.

08.01.2013
Heute Gelegenheit zu Bremstests im Trockenen gehabt. Anhalteweg ist klasse kurz.
Aus Bremsgriffhaltung vergleichbar mit BB7 Road und BENGAL MB700T am Unterlenker.
Aus Unterlenkerhaltung war der Anhalteweg so kurz, wie bei dem besten von mir getesteten Bremssystem an einem Crosser, dem TRICKSTUFF Doppelmoppel mit The Cleg Hydraulik-Bremszangen.
Ich bin begeistert!

Mein aktuelles Setup ist ja noch mit NOKONs, werde jetzt die nächsten Tage die SRAM SlickWire Züge und Hüllen verbauen.

10.01.2013
Gestern hab ich die SlickWire Bremszüge und -hüllen montiert.
Wenn ich das richtig beurteile, ist der Hüllenaufbau identisch mit dem der hochwertigen JAGWIRE Ripcord oder Racer Sets. Auch die Kleinteile, zwar teilweise mit SRAM beschriftet, sehen sehr nach JAGWIRE aus.
Montage problemlos. Hüllen sind sehr steif und leisten beim Schneiden mehr Widerstand als einfachere Fabrikate. Liegt vermutlich daran, dass die Stahldrahteinlagen nicht gewickelt sind, sondern wie bei Schalthüllen, in Längsrichtung vorliegen.
Die Edelstahlzüge sind schwarz mit PTFE beschichtet.

26.02.2013
Nach gefühlter Ewigkeit heute endlich wieder so fit, dass ich dachte ich könnte meinen Test endlich mal zum Abschluß bringen. Aber dazu war es auf meiner Teststrecke leider nicht trocken genug.
Nach einigen ersten Bremsversuchen mit ganz passablen Anhaltewegen, hab ich die Beläge nochmal kurz nachgestellt und wollte mal sehen, was geht.
Aus 50 km/h in Unterlenkerhaltung ab Startpunkt den Druck kontinuierlich erhöht, bis der Reifen auf dem bisschen Restfeuchte auf dem Asphalt die Haftung verlor und das Vorderrad sofort blockierte.
Zum Glück war die Kiste komplett ausbalanciert und ist nicht seitlich weggerutscht. Glück gehabt, würd' ich sagen.
Danach bin ich dann lieber 'ne Runde durch den Matsch gefahren.

04.03.2013
Heute bei herrlichem Frühlingswetter und trockener Bremsteststrecke endlich mal wieder reguläre Tests machen können.
Die AVID BB7 Road SL zeigte wieder die guten Bremsleistungen, wobei ich das Gefühl habe, dass das vorherige Setup mit Nokons noch etwas besser und definierter dosierbar war.
Damit ist der Bremstest mit den BB7 Road SL und den SRAM SlickWire-Kabeln erstmal abgeschlossen. Wie schon vorher mal angekündigt, werde ich nach dem Abschluss des parallel laufenden Tests der CX75 von SHIMANO mal die beiden Systeme tauschen.
Zwischenfazit:
Die AVID BB7 Road SL ist eine leichte und gute seilzugbetriebene Scheibenbremse. Die originalen Beläge nehmen die mitgelieferten Scheiben ordentlich in die Zange. Lässtiges Quietschen ist eigentlich kein Thema, lediglich bei sehr nassen Bedingungen gab sie Laut.

20.05.2013
Der zweite Tag von RuhrQUER wurde genutzt um die BB7 Road SL am APACE mit SHIMANOs älteren Ultegra-STIs (ST-6600G) zu testen.
Da ich es zeitlich nicht mehr geschafft hatte, die AVID-Scheiben noch umzuschrauben, wurde die erste Testfahrt mit den Leichtbauscheiben KCNC Razor, 160mm, vorn, und ASHIMA Ai2, 160mm, hinten, durchgeführt.
Auch diese Kombinationen verliefen völlig unauffällig. Ich hatte nie das Gefühl zu wenig Bremskraft zu haben. Selbst Notbremsungen, ausgelöst durch Arnos spontanen Fahrstil, und längere Abfahrten waren völlig fadingfrei und jederzeit gut kontrollierbar.
Einzig die Frontbremse machte sich durch ein deutlich wahrnehmbares Geräusch auf sich aufmerksam. Kein Quietschen, eher ein Rumpeln. Vermutlich ausgelöst durch die vielen Ausschnitte in der Razor-Scheibe.
Für die abschließenden Tests der BB7 SLR auf meiner Bremsteststrecke hab ich heute morgen die Razor gegen die mitgelieferte AVID HS1 ausgetauscht.

21.05.2013
Ich bin begeistert.
Hab heute die neue Kombination aus SHIMANO ST-6600G (ältere Ultegra) mit JAGWIRE Racer Zügen und Hüllen, AVID BB7 Road SL und AVID HS1 160mm auf meiner Teststrecke eingefahren und feinjustiert und getestet.
Mit dieser Kombi erreiche ich genauso kurze Anhaltewege wie mit meiner Referenz, TRICKSTUFFs Doppelmoppel mit Cleg Bremssattel am MOOTS-Testrad.
Auf den Bremsgriffen 22 - 25m und am Unterlenker 20 - 23m. Perfekt.

Als die Bremse und die Scheibe noch am FUJI, mit Dura Ace ST-7900 Hebeln, verbaut war, hab ich so kurze Anhaltewege nicht erreicht.
Und auch mit SHIMANOs CX75 am APACE mit den aktuellen Hebeln und Zügen nicht.

Damit ist für mich aktuell AVIDs BB7 Road SL die Referenz der mechanischen Scheibenbremsen.

24.05.2013
Heute vor dem Nightride nochmal ein paar Testbremsungen auf der Teststrecke gemacht. Diesmal mit 35mm CONTI CX Speed Semislicks.
Anhalteweg tendenziell ca. 1 m länger als mit den breiten (47mm) Smart Sams. Aber immer noch phänomenal gut.

Damit ist der Bremsentest für mich abgeschlossen, Testbericht im Portal folgt demnächst.


 

Bedanken möchte ich mich bei Geraldine Bergeron und Christoph Allwang von SRAM Deutschland, die uns die Bremsen und das Zugset zur Verfügung gestellt haben.

Kritik und Kommentare bitte an st.john(at)cx-sport.de oder hier im Forum.

Text und Bilder: St.John